Walpurgisnachtstraum | 
oder 
OBERONS UND TITANIAS GOLDNE HOCHZEIT 
Intermezzo
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Theatermeister 
Heute ruhen wir einmal, 
Miedings wackre Söhne. 
Alter Berg und feuchtes Tal, 
Das ist die ganze Szene! 
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Herold 
Daß die Hochzeit golden sei, 
Solln funfzig Jahr sein vorüber; 
Aber ist der Streit vorbei, 
Das golden ist mir lieber. 
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  4230
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Oberon 
Seid ihr Geister, wo ich bin, 
So zeigt's in diesen Stunden; 
König und die Königin, 
Sie sind aufs neu verbunden. 
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Puck 
Kommt der Puck und dreht sich quer 
Und schleift den Fuß im Reihen; 
Hundert kommen hinterher, 
Sich auch mit ihm zu freuen. 
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Ariel 
Ariel bewegt den Sang 
In himmlisch reinen Tönen; 
Viele Fratzen lockt sein Klang, 
Doch lockt er auch die Schönen. 
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  4240
 
 
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Oberon 
Gatten, die sich vertragen wollen, 
Lernen's von uns beiden! 
Wenn sich zweie lieben sollen, 
Braucht man sie nur zu scheiden. 
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Titania 
Schmollt der Mann und grillt die Frau, 
So faßt sie nur behende, 
Führt mir nach dem Mittag sie, 
Und ihn an Nordens Ende. 
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  4250
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Orchester Tutti (Fortissimo) 
Fliegenschnauz und Mückennas 
Mit ihren Anverwandten, 
Frosch im Laub und Grill im Gras, 
Das sind die Musikanten! 
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Solo 
Seht, da kommt der Dudelsack! 
Es ist die Seifenblase. 
Hört den Schneckeschnickeschnack 
Durch seine stumpfe Nase 
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Geist, der sich erst bildet 
Spinnenfuß und Krötenbauch 
Und Flügelchen dem Wichtchen! 
Zwar ein Tierchen gibt es nicht, 
Doch gibt es ein Gedichtchen. 
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  4260
 
 
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Ein Pärchen 
Kleiner Schritt und hoher Sprung 
Durch Honigtau und Düfte 
Zwar du trippelst mir genung, 
Doch geh's nicht in die Lüfte. 
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Neugieriger Reisender 
Ist das nicht Maskeradenspott? 
Soll ich den Augen trauen, 
Oberon, den schönen Gott, 
Auch heute hier zu schauen? 
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  4270
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Orthodox 
Keine Klauen, keinen Schwanz! 
Doch bleibt es außer Zweifel: 
So wie die Götter Griechenlands, 
So ist auch er ein Teufel. 
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Nordischer Künstler 
Was ich ergreife, das ist heut 
Fürwahr nur skizzenweise; 
Doch ich bereite mich beizeit 
Zur italien'schen Reise. 
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Purist 
Ach! mein Unglück führt mich her: 
Wie wird nicht hier geludert! 
Und von dem ganzen Hexenheer 
Sind zweie nur gepudert. 
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Junge Hexe 
Der Puder ist so wie der Rock 
Für alt' und graue Weibchen, 
Drum sitz ich nackt auf meinem Bock 
Und zeig ein derbes Leibchen. 
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Matrone 
Wir haben zu viel Lebensart 
Um hier mit euch zu maulen! 
Doch hoff ich, sollt ihr jung und zart 
So wie ihr seid, verfaulen. 
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  4290
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Kapellmeister 
Fliegenschnauz und Mückennas 
Umschwärmt mir nicht die Nackte! 
Frosch im Laub und Grill im Gras, 
So bleibt doch auch im Takte! 
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Windfahne (nach der einen Seite) 
Gesellschaft, wie man wünschen kann: 
Wahrhaftig lauter Bräute! 
Und Junggesellen, Mann für Mann, 
Die hoffnungsvollsten Leute! 
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Windfahne (nach der andern Seite) 
Und tut sich nicht der Boden auf, 
Sie alle zu verschlingen, 
So will ich mit behendem Lauf 
Gleich in die Hölle springen. 
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  4300
 
 
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Xenien 
Als Insekten sind wir da, 
Mit kleinen scharfen Scheren, 
Satan, unsern Herrn Papa, 
Nach Würden zu verehren. 
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  4305
 
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Hennings 
Seht, wie sie in gedrängter Schar 
Naiv zusammen scherzen! 
Am Ende sagen sie noch gar, 
Sie hätten gute Herzen. 
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  4310
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Musaget 
Ich mag in diesem Hexenheer 
Mich gar zu gern verlieren; 
Denn freilich diese wüßt ich eh'r 
Als Musen anzuführen. 
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CI-devant Genius der Zeit 
Mit rechten Leuten wird man was. 
Komm, fasse meinen Zipfel! 
Der Blocksberg, wie der deutsche Parnaß, 
Hat gar einen breiten Gipfel. 
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Neugieriger Reisender 
Sagt, wie heißt der steife Mann? 
Er geht mit stolzen Schritten. 
Er schnopert, was er schnopern kann. 
»Er spürt nach Jesuiten.« 
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  4320
 
 
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Kranich 
In dem klaren mag ich gern 
Und auch im trüben fischen; 
Darum seht ihr den frommen Herrn 
Sich auch mit Teufeln mischen. 
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Weltkind 
Ja, für die Frommen, glaubet mir, 
Ist alles ein Vehikel, 
Sie bilden auf dem Blocksberg hier 
Gar manches Konventikel. 
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  4330
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Tänzer 
Da kommt ja wohl ein neues Chor? 
Ich höre ferne Trommeln. 
»Nur ungestört! es sind im Rohr 
Die unisonen Dommeln.« 
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Tanzmeister 
Wie jeder doch die Beine lupft! 
Sich, wie er kann, herauszieht! 
Der Krumme springt, der Plumpe hupft 
Und fragt nicht, wie es aussieht. 
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Fiedler 
Das haßt sich schwer, das Lumpenpack, 
Und gäb sich gern das Restchen; 
Es eint sie hier der Dudelsack, 
Wie Orpheus' Leier die Bestjen. 
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  4340
 
 
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Dogmatiker 
Ich lasse mich nicht irre schrein, 
Nicht durch Kritik noch Zweifel. 
Der Teufel muß doch etwas sein; 
Wie gäb's denn sonst auch Teufel? 
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  4345
 
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Idealist 
Die Phantasie in meinem Sinn 
Ist diesmal gar zu herrisch. 
Fürwahr, wenn ich das alles bin, 
So bin ich heute närrisch. 
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  4350
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Realist 
Das Wesen ist mir recht zur Qual 
Und muß mich baß verdrießen; 
Ich stehe hier zum erstenmal 
Nicht fest auf meinen Füßen. 
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Supernaturalist 
Mit viel Vergnügen bin ich da 
Und freue mich mit diesen; 
Denn von den Teufeln kann ich ja 
Auf gute Geister schließen. 
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Skeptiker 
Sie gehn den Flämmchen auf der Spur 
Und glaubn sich nah dem Schatze. 
Auf Teufel reimt der Zweifel nur; 
Da bin ich recht am Platze. 
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  4360
 
 
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Kapellmeister 
Frosch im Laub und Grill im Gras, 
Verfluchte Dilettanten! 
Fliegenschnauz und Mückennas, 
Ihr seid doch Musikanten! 
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  4365
 
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Die Gewandten 
Sanssouci, so heißt das Heer 
Von lustigen Geschöpfen; 
Auf den Füßen geht's nicht mehr, 
Drum gehn wir auf den Köpfen. 
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  4370
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Die Unbehilflichen 
Sonst haben wir manchen Bissen erschranzt, 
Nun aber Gott befohlen! 
Unsere Schuhe sind durchgetanzt, 
Wir laufen auf nackten Sohlen. 
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Irrlichter 
Von dem Sumpfe kommen wir, 
Woraus wir erst entstanden; 
Doch sind wir gleich im Reihen hier 
Die glänzenden Galanten. 
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Sternschnuppe 
Aus der Höhe schoß ich her 
Im Stern- und Feuerscheine, 
Liege nun im Grase quer- 
Wer hilft mir auf die Beine? 
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  4380
 
 
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Die Massiven 
Platz und Platz! und ringsherum! 
So gehn die Gräschen nieder. 
Geister kommen, Geister auch, 
Sie haben plumpe Glieder. 
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  4385
 
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Puck 
Tretet nicht so mastig auf 
Wie Elefantenkälber, 
Und der plumpst' an diesem Tag 
Sei Puck, der derbe, selber. 
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  4390
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Ariel 
Gab die liebende Natur, 
Gab der Geist euch Flügel, 
Folget meiner leichten Spur, 
Auf zum Rosenhügel! 
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Orchester (Pianissimo) 
Wolkenzug und Nebelflor 
Erhellen sich von oben. 
Luft im Laub und Wind im Rohr, 
Und alles ist zerstoben. 
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